Bei unserer Weltjugendkonferenz geht es darum, sich miteinander zu verbinden. Das Zusammentreffen von Menschen aus der ganzen Welt erinnert uns daran, dass wir in unserem Kampf nicht allein sind. Aber wir treffen nicht nur andere junge Aktivist*innen. Wir treffen auch auf die Porträts und Geschichten von Märtyrer*innen an den Wänden. Spuren von Menschen, die im Kampf für ein freies Leben gestorben sind.
Warum öffnen wir den Raum für die Toten in unserer Mitte? Warum erinnern wir uns so sehr an die Vergangenheit, wenn wir doch versuchen, die Zukunft zu gestalten?
Wir glauben, dass wir eine starke Verbindung zu unserer Geschichte und ein Bewusstsein für unsere Wurzeln haben müssen.
Die gegenwärtige Phase der Frauenbefreiung ist mit dem Wissen um die Hexenverbrennungen nicht zu verstehen. Wir können nicht über Internationalismus sprechen, ohne die letzten 150 Jahre sozialistischer und antikolonialer Kämpfe zu verstehen. Auch wenn sie oft besiegt oder kooptiert wurden, brachten sie vier Millionen junger Menschen hervor, die ihr ganzes Leben der Befreiung der Menschheit widmeten. Wir müssen verstehen, wie es dazu kam, um daraus zu lernen und ihren Weg fortzusetzen. Ihr Opfer darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Wir sind es ihnen schuldig, ihre Errungenschaften zu ehren und zu bewahren, ihre Fehler nicht zu wiederholen und niemals zu vergessen, wer ihre Mörder waren.
In der westlichen Kultur gibt es oft ein sehr entfremdetes Verhältnis zum Tod und zu den Toten. Sie bereiten den Menschen Unbehagen und werden deshalb an den Rand gedrängt. Aber was wir auf dieser Pariser Konferenz von unseren internationalen Kameraden gelernt haben, ist eine Kultur, die die Märtyrer in den Mittelpunkt stellt. Die kurdische Befreiungsbewegung nennt sie „Şehîd“ und legt großen Wert auf ihr Vermächtnis. Nur so können wir als Bewegung mit Zehntausenden von Toten die Moral nicht verlieren. Wenn wir uns in direkter Kontinuität mit ihrem Kampf sehen, verzweifeln wir nicht, im Gegenteil, wir werden dadurch sogar stärker. Wenn wir wissen, dass wir auf den Schultern einer endlosen Geschichte der kämpfenden Menschheit stehen, dann kann uns nichts aufhalten. Wir erkennen, dass es zur Geschichte der Beherrschung und Ausbeutung immer auch ein Gegenstück des Widerstands gegeben hat. Wenn wir als junge Menschen Bücher über tote Könige und Generäle als „Geschichte“ lesen, dann werden wir unsere eigene Geschichte, die Geschichte des Volkes, aufrechterhalten.